St.Galler WebLog / Switzerland

St.Gallen: from dusk ´til dawn in this big Center of East-Switzerland ;-)

Sonntag, November 06, 2005

Das rote Geschenk vom weissen Mann



Plötzlich fühlte ich mich in St.Gallen als Ureinwohner, dem der weisse Mann ein Geschenk gemacht hat.
Waren es in früheren Jahrhunderten Glasperlen, oder (verseuchte) Wolldecken,so kam er diesmal mit einer ganz besonderen Decke, die legte er wie ein Medizinmann über ein ganzes Stadtviertel. Doch brachte diese Decke aus Plastik und Stahlgerüsten dem Bleichli-Quartier keine Heilung,sondern – poff – er zog die Decke wieder weg und überall standen Klötze aus und Beton und Glas.
Hat er gesehen, dass uns Tränen in den Augen standen?
Versprach er darum etwas ganz besonderes unter dem letzten Zipfel seiner Decke zu verbergen – für die grosse Überraschung zum Finale?
Am Donnerstag durften wir sie sehen: wieder nur ne Decke!
Diesmal ne Rote, die alles abdeckt, was Leben bringen könnte (abgesehen von drei, vier Alibi-Bäumchen). Alles leuchtet so steril und tot in Rot. Das grüne Moos auf dem letzten Relikt aus vergangenen Zeiten (die Litfasssäule) mutet schon fast pervers an.
Leider passt auch dies genau ins Konzept: das Reklameinstrument bleibt in seiner urbanen Scheusslichkeit erhalten, dagegen wurden Baum, Sitzbank und Brunnen erbarmungslos gerodet.
Ach doch, es hat wieder Brunnen, doch bin ich mir nicht sicher, ob das nicht Mini-Wasserwerfer sind, die ungebetenen Gästen des Nachts den Schlaf auf den roten Sitzelementen vermiesen soll. Wo Brunnen, wo Sitz ist, lässt sich nicht so einfach unterscheiden.
Der Blick nach oben – kein Segen, nur dräuende Steinwolken in der Luft, an Kabeln gehalten...noch?
Abwechslung bieten einzig Pictogrammflächen, weiss hingeklotzt, Autos zum parkieren einladend. Klar, ein Auto gehört inzwischen ins Wohnzimmer (=Lounge)!
Ansonsten alles rot gekurvt.
Wenn derPlatz mehr Geborgenheit und Wärme ausstrahlen würde und nicht so penetrant einfarbig daher käme, wäre man sicher an Nikis Nanas erinnert..., oder an irgendwelche Vinyl-Landschaften aus den 70ern...
Haben wir statt Niki nur Pippi erhalten?
Ja auch, die flüssigen Hinterlassenschaften von Hunden (?) mäandern recht anmutig über das Rot, bis sie irgendwann einmal verdunsten, denn versickern können sie hier nicht mehr.

...doch was solls, die Zürcher haben sich gleich nen Barcode über die Bahnhofsstrasse gehängt, damit Anreisende schon vom Flugi aus erkennen können, wo der Weihnachtskommerz abgeht...



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